Mittwoch, 28. März 2012

Töchterchen



Liebe kleine Tochter,

drei Tage wirst Du noch ein Jahr alt sein, und dann nimmer mehr. Wo ist es hin, mein Baby, mein Fastnochbaby, mein Kleinkind? Du gehst nun schon fast als großes Mädchen durch. Trägst neuerdings voller Stolz Haarspangen und einen veritablen Pferdeschwanz und willst Dich unentwegt "schick" machen - und es sofort Deinem Papa zeigen. Du umsorgst Deine Puppenkinder und kümmerst Dich auch um die vernachlässigten Stofftiere Deines Bruders. Du plapperst nach wie vor den ganzen Tag - und ziemlich akkurat. Gestern kam es aus der Ecke, in der Du vor Dich hin geprusselt hast, auf einmal : "Schau mal, Mama, ich hab mein Puzzle richtich ´macht." Ich war mal wieder baff.

Alles, alles möchtest Du alleine machen. Und vieles schaffst Du nun auch: Leggins anziehen (manchmal falsch herum, aber ich lasse es dann so, weil ich Dein stolzes, leuchtendes Grinsen so liebe), Schuhe ausziehen, Roller fahren, Treppen steigen (auf und ab), Reißverschlüsse hochziehen, auf das Töpfchen setzen und so allerhand mehr. Vieles aber schaffst Du noch nicht ohne Hilfe, und das ärgert Dich nach wie vor fürchterlich. In Deinen Zorn steigerst Du Dich gerne hinein, manchmal ist kein Durchdringen zu Dir möglich und Du musst Dich einen Moment alleine auf die Treppe setzen, um Dich zu beruhigen.

Deine Gefühle sind stark und aus Deinem Herzen machst Du keine Mördergrube. "Lieb Haben" ist ein neues Vokabular, das Du gerne und oft benutzt. Du bist sehr vertrauensvoll und schnell in Deiner Zuneigung. Die Eltern von Freunden dürfen Dich auf den Arm nehmen, die Vorturnerin im Turnkurs hat Dich am Ende jeder Stunde im Singkreis auf dem Schoß. Du fängst an, Späße zu machen und freust Dich diebisch, wenn wir mit Gelächter darauf reagieren. Entweder, Du bist "flöhlich" oder wütend, ein Dazwischen gibt es quasi nicht. Wenn Du lachst, lachen Deine Augen mit und leuchten besonders blau. Wenn Du wütend bist, werden sie dunkel wie ein Bergsee.

Du bist immer noch unsere Miss High Maintenance. Du bist alles, aber nicht genügsam und geduldig. Du schaffst es mindestens einmal täglich, mich zum Wahnsinn zu treiben- und wieder zurück. Jeden Abend, wenn ich an Deinem Bett stehe und Du mir "Mama lieb habe" zuraunst, treten mir Tränen in die Augen. Dann denke ich, ich muss geduldiger mit Dir sein, weniger barsch in manchen Situationen. Verzeih. Ich lerne noch, kleines Mädchen. Und ich nehme an, es ist gut, dass ich noch viel lernen kann, bevor Du in die Pubertät kommst.

Ist eine komische Sache mit dem Elternsein. Ohne jeden Zweifel der beste Job, den ich je hatte. Aber auch der Schwierigste.

So sehnsuchtsvoll, wie Du vor zwei Jahren erwartest wurdest, so dankbar bin ich heute, dass es Dich gibt, meine wunderbare, wilde, willensstarke Tochter. Du wirst unendlich geliebt!

7 Kommentare:

  1. Jetzt habe ich aber Tränen in den Augen...

    Genau do denke ich auch jeden Tag... Ganz genau so...

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  2. ...übrigens: Deine Tochter ist sowas von süß!
    Glückwunsch!

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  3. Toll! Und sehr schön geschrieben :-)

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  4. Wunderschön geschrieben. ...und es macht mich gerade ein bisschen wehmütig, wie schnell die Zeit vergeht und die kleinen Untermieter groß werden. Unsere wird in wenigen Tagen SCHON 6 Monate, dabei war es doch erst gestern, dass wir nach der Entbindung aus dem KH heimkamen ;) Faszinierend zu erfahren, wie sehr man lieben & fühlen kann.

    Habt einen schönen 2. Geburtstag! :))

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  5. Oh ja, es geht so schnell vom Säugling zum Krabbelkind zum laufenden Kleinkind. Und schwupps gehen sie in die Schule. :-)) Genieß die Zeit!

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  6. Wenn ich hier noch mal kurz Reinhard Mey und seinen Tränenschocker "Kleines Mädchen" einflechten dürfte....

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