Montag, 28. Januar 2013

Krankenstation

Ping-pong mäßig werden die Viren hier von einem zum anderen und wieder zurück verteilt. Da nützt alles Händewaschen und -desinfizieren nix. Und man kommt zu überhaupt nichts mehr. Gott sei Dank konnte ich mein eigenes Halskratzen von letzter Woche mit Salbei und heißer Zitrone zurückdrängen. Schwächeln ist nichts für Mamas. Heute Morgen war ich guter Dinge, die Kinder in den KiGa schicken zu können, als die Morgenmilch mit hohem Schwall wieder aus der kleinen Miss herauskam und sich malerisch auf ihrem Bett verteilte. Seufz.

Da hilft nur noch Soul Food. Eben einen großen Topf Milchreis gekocht (wie Oma: im Bett quellen lassen), mit viel Vanille und nicht zu süß. Auch, wenn die kleine Miss heute auf Milchentzug ist und der große Junge Milchreis nicht mag, ist mir wurscht. Ess ich eben alles alleine auf!

Mittwoch, 23. Januar 2013

Typisch Tochter

Monatelang kein noch so kleines Interesse an der Windelfront. Und nun sucht sie sich die kältesten Tage des Jahres aus, um - energisch wie immer - zu bestimmen: "Bin jetzt ein großes Mädchen. Ich brauche keine Windel mehr!" Ach! Ich komme dieser Aufforderung zwar gerne nach, das Einhalten und Bescheidsagen klappt aber noch gar nicht, also wirklich GAR nicht. Heute habe ich sie im 10 Min Takt auf die Toilette gesetzt, dennoch liegen jetzt 5 vollgepieselte Leggins (alle, die sie besitzt) und 3 vollgepieselte Schlafanzughosen (alle, die sie besitzt) auf der Kellertreppe und werden gleich in die Waschmaschine geschmissen. Ich bin mal sehr gespannt, was für ein Drama sie abziehen wird, wenn ich ihr für die Nacht eine Windel anziehen möchte (sorry im Voraus an alle, die das für einen pädagogischen Fehler halten, das ist mir mit Verlaub völlig schnuppe). Und wie das morgen im Kindergarten laufen soll. Ausgerechnet im kältesten Winter muss das Kind auf Windelentzug gehen. Typisch! Meine! Tochter!

Von Schrankstopfern und Vermächtnissen

Ich bin ein Schrankstopfer. Und das ist so ziemlich das einzige, was meinen Mann so richtig an mir nervt (sagt er). Noch schlimmer: ich verstehe ihn. Wirklich. Ich bin eigentlich ein recht ordentlicher Mensch. Ich mag es aufgeräumt und bloß nicht zu zugestellt. Aber meine Schränke! Die sind chronisch überfüllt, oft unordentlich und dienen manchmal nicht einmal mehr ihrer ursprünglichen Bestimmung. Da finden sich zuweilen Akten im Bastelschrank. Noch nicht verschenkte Geschenke im Kleiderschrank. Und von den Küchenschränken und -schubladen will ich gar nicht reden. Wenn ich in die Defensive gehen muss (weil der HG mich mit diesem Blick anguckt oder vernehmlich seufzt, wenn er bei der Suche nach einem Computerkabel in der Schreibtischschublade zunächst den Flyer der Pizzeria, 4 Haarspangen der Tochter, allerlei Geschenkband, Taschentücher und eine Familienpackung Pflaster wegräumen muss), behaupte ich einfach nie, nimmer, nirgends ausreichend Platz zu haben. Und mein permanentes Schrankchaos lässt mich zum Spießer mutieren, der sich auf einmal nichts sehnlicher wünscht als riesige Einbau- und hässliche Küchenoberschränke. Es stimmt: Platzmangel verschärft das Problem. Aber die Wahrheit ist, dass ich einfach kein Ordnungssystem habe oder, wenn ich es habe, es nicht konsequent einhalte. Und das kommt so. Nehmen wir mal an, ich habe zum Beispiel die Kochtöpfe in einem Winkel des Küchenschrankes hübsch sortiert hingestellt, von groß nach klein, Pfannen nach links, Deckel nach rechts und so weiter. Dann kommt spätestens 2 Tage später eine Situation, die stressig ist, zB quakt zunehmend nervig die kleine Miss im Hintergrund und verlangt sofortigen Windelwechsel, während ich die Spülmaschine ausräume. Meine Priorität ist dann eben die Windel, und der Topf, den ich in der Hand halte, fliegt ohne Einhaltung eines Systems einfach irgendwo obenauf, wo Platz ist. Eine solche Situation 2-3 mal, und das Chaos im Schrank ist wieder perfekt. Das gleiche passiert regelmäßig, wenn es hektisch ist, auch an anderen Stellen als in der Küche. Und auch, wenn es nicht hektisch ist, kann es sein, dass ich einfach nicht weiß, wohin mit Gegenstand XY, und ihn dann ohne Sinn und Verstand irgendwo hinstopfe, wo er im Moment "nicht im Weg" ist.

(Übrigens ist der HG trotz eines grundsätzlichen Ordnungssinns auch nicht ohne Fehl und Tadel. Er ist nämlich ein unverbesserlicher Handtuchknüller und Sockenherumschmeißer. Das nur am Rande).

Die letzten Tage habe ich so viel über meine Omi nachgedacht. "Lerne Ordnung, übe sie, sie erspart Dir Zeit und Müh´", das ist glaube ich der Spruch, den ich durch meine Kindheit und Jugend am öftesten von ihr gehört habe. "Hat aber auch nix genützt, oder ?", hat sie vor ein paar Monaten mit ihrem typischen verschmitzten Omalächeln gefragt. Ich habe natürlich protestiert, aber irgendwie stimmt es ja.  Eigentlich dürfte es doch nicht so schwer sein, sich einfach ein gutes System zu überlegen, wo die Sachen hinkommen, und dann dabei zu bleiben. Bei meiner Oma war es wirklich himmlisch ordentlich, alles hatte seinen Platz, das hat mir immer ausnehmend gut gefallen. Ganz so muss es bei mir nicht werden, aber ich will doch versuchen, mein Chaos ein wenig zu lichten. Für mich. Aber auch, damit Oma nicht kopfschüttelnd nach unten schielend auf ihrer Wolke sitzen muss, sondern sich frohgemut in die himmlische Backstube begeben kann.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Horrido und Waidmannsheil!

Ich sitze hier mit einem Schnaps und die Tränen laufen. Ich trinke selten Schnaps, eigentlich nie. Aber jetzt brauche ich einen. Meine allerliebste Omi ist heute gestorben. Sie war in den letzten Monaten und Wochen kontinuierlich weniger geworden, eine neu diagnostizierte, aber offenbar schon länger schwelende Krebserkrankung forderte Tribut. Mir hatten Schwester und Mutter die Neuigkeiten verschwiegen, in der richtigen Annahme, dass ich sonst sehr große Gewissenskonflikte mit mir hätte ausfechten müssen und meinen letzten NY Aufenthalt vielleicht sogar abgebrochen hätte.

Der Tod. Den werden wir Lebenden wohl nie verstehen. Dass jemand auf einmal einfach nicht mehr da ist - das ist und bleibt eine Tatsache, die man erst einmal nicht greifen kann, die sich erst einmal setzen muss und die lange Zeit immer mal wieder schockieren wird. Oma war immer da. Vom ersten Moment meines Lebens war sie mir zugetan, stolz auf mich, gut zu mir. Und auch, wenn sie auf Grund ihrer Demenzerkrankung in den letzten Jahren nicht mehr richtig an meinem Leben teilgenommen hat, wenn sie mich nicht mehr besuchen und nicht mehr wirklich verstehen konnte, was vor sich geht, war sie doch eben: da.

So war es so ziemlich das erste, was ich -wieder in Deutschland- getan habe: Oma besucht. Letztes Wochende. Ich fand sie im Bett liegend vor. Meine Mama hatte mich vorbereitet, sie äße eigentlich schon lange kaum noch etwas. Meine Schwester hatte mir vorsichtig angedeutet, Oma schlafe sehr viel und sie habe subjektiv das Gefühl, sie mache sich fertig für die letzte Reise. Dennoch musste ich die Luft anhalten, als ich Oma so sah, so: klein. Meine Oma war immer eine stattliche Frau mit wogendem Busen, was ihr zeitweilig den liebevollen Spitznamen "Frau Feldwebel" eingetragen hat (und der natürlich auch mit ihrem ... forschen... Wesen zu tun hatte). Nun kam sie mir vor wie geschrumpft, fast kindlich. Ich flüsterte ihr etwas zu, woraufhin sie im Halbschlaf mit mir zu reden begann. Die Augen blieben feste zu, aber wir sprachen rund 10 Minuten, in denen sie mir unter anderem verriet, dass ihr sagenumwobenes Rezept für Schwarzwälder Kirschtorte eigentlich von ihrem Mann stammte (eine echte Neuigkeit). "Siehste, haste ja nochmal was gelernt", sagte sie, als ich am nächsten Tag noch einmal bei ihr war, und sie darauf ansprach. Ich erinnerte sie an ein paar schöne Begebenheiten, an feste Rituale aus meiner Kinderzeit, und sie lächelte, wie ich es erhofft hatte. Oma war, seit ich sie kannte, ein humorvoller, freundlicher Typ mit vielen lustigen Sprüchen im Ärmel. Und die kamen auch jetzt. "Nun wollen wir aber mal wieder schlafen, gib mir nen Kuss und mach die Klappe zu", sagte sie am ersten Tag. Ich musste lachen, deckte sie feste zu und gab ihr den gewünschten Kuss. Dem Omilein.

1925 geboren, wuchs sie in die schwierigste Zeit des letzten Jahrhunderts hinein. Auch ihre persönliche, familiäre Situation war schwierig. Meine Schwester und ich liebten als Kind die Geschichten "als Oma noch ein kleines Mädchen war", und sie musste sie wieder und wieder erzählen. Sie hatten etwas aschenputtelhaftes, aber das Happy End kam leider nicht wirklich. Eine schwierige Beziehung zu ihrer Halbschwester und das Gefühl, von der Mutter nicht geliebt worden zu sein, haben vielleicht dazu beigetragen, dass aus ihr ein nicht unkomplizierter Mensch wurde, der Probleme mit engen Bindungen außerhalb der eigenen Familie hatte. Erwachsen und verheiratet, erlebte sie das undenkbarste, grausamste: den Verlust ihres dreijährigen Kindes. Erst als ich selbst erwachsen war, konnte ich halbwegs nachvollziehen, was das bedeutet haben mag. Sie sprach nicht darüber, nie. Obwohl ich oft als Kind mit ihr am Grabe des Kindes stand, was mein Onkel gewesen wäre, wenn es hätte leben dürfen, und obwohl viele Fotos dieses verstorbenen Kindes in ihrer Wohnung hingen. Es war ein Tabu und ich habe nie gewagt, daran zu rühren. Auch mit den Männern hatte Oma zeitlebens kein Glück. Sie hatte viele Bekannte aber wenig Freunde, konnte ausgesprochen liebenswert sein, aber auch gnadenlos nachtragend, wenn man es einmal mit ihr verscherzt hatte. Sie war keine große Köchin, aber die beste Bäckerin der Welt. Eine Bäckerin, die mir sogar ans andere Ende der Welt, nach Kapstadt, ihren Zitronenkuchen schickte (Eine Bäckerin, der ich nie verraten habe, dass er nur in schimmeligen Krümeln ankam). Sie konnte wunderschön nähen, bis ihre Augen sie im Stich ließen. Und sie war der ordentlichste Mensch, den ich in meinem ganzen Leben jemals kennen gelernt habe. Alles, alles, jedes kleine Fädlein, hatte seinen eigenen Platz und hätte im Notfall mit verbundenen Augen wiedergefunden werden können. Ihre Schränke: Kante auf Kante, Lavendelduft. Und ihr Süßigkeitenschrank! Ich weiß jetzt noch genau, wie es in diesem Schrank roch. Nach Holz und gebrannten Mandeln und komischen Malzbonbons und einfach unverwechselbar. Wenn ich als Kind am Wochenende bei Oma war, machte sie immer ganz laut ihre Schlager an (die bei uns zu Hause natürlich verpönt waren) und sang mir vor, während ich badete. Sie konnte recht hübsch singen und ich fand es himmlisch, in ein weiches Badetuch gepackt auf dem Wannenrand zu sitzen und ihr zuzuhören und einen Malzkaffee zu trinken.

Ich habe so viele schöne Erinnerungen an Oma aus meiner Kindheit, dass ich sie nicht ansatzweise alle aufschreiben kann. Es bleibt mir nur, sie im Herzen zu bewahren. Woher es kam, weiß ich nicht, aber immer, wenn wir telefonierten, sagte einer am Ende des Telefonats "Horrido und Waidmannsheil". (Nee, wir haben keine Jäger in der Familie). Und der andere sagte: "Waidmannsdank!" Als ich nun vergangenes Wochenende bei ihr war, versuchte ich es mal mit diesem Spruch, aber sie sprang nicht darauf an, und nun habe ich niemanden mehr, der mir Horrido und Waidmannsheil wünschen wird.

Ihre letzten Jahre im Altenheim waren nicht die Schönsten. Sie war immer ein unabhängiger Typ mit großer Lebensfreude und viel Spaß an Ausflügen, Ausgehen - dem guten Leben. Das Sicheinschränken und Kompromisse Schließen fiel ihr schwer. Ich bin froh, dass weder ihre Demenzerkrankung noch ihre körperlichen Krankheiten in unerträgliches Leid geführt haben. Ich bin stolz auf meine Mama, die mit großer Klarheit gegen eine Chemotherapie, OP, Magensonde und sonstige Interventionen und für die Selbstbestimmung meiner Oma gekämpft hat, die sich eben nun entschieden hatte, dass es einmal gut ist und dass sie schlafen möchte. Ich weiß, dass es meine Mama viel Kraft gekostet hat, aber dank ihrer durfte Oma wohl wirklich friedlich und im Wesentlichen schmerzfrei gehen.

Hat Oma auf mich gewartet? Mama und Schwester vermuten es. Und irgendwie glaube ich es auch. Und ich bin unsagbar dankbar, dass ich das getan habe, was sich im Nachhinein als das Richtige herausstellt, dass ich mich, obwohl ich mit dem Söhnchen am Sonntagmorgen mit der Bindehautentzündung des Jahrzehnts zur Notfallklinik musste, doch entschieden habe, noch einmal zu Oma zu fahren, bevor ich den Heimweg angetreten bin. Es waren noch einmal 10 wunderschöne Minuten. Minuten, in denen ich ihre blauen Augen noch einmal sehen durfte. In denen sie sich über Küsschen und Geschichten von mir und ihre muckelige Decke gefreut hat. "Mir tut nichts weh. Ich bin nur so müde. Ich schlaf dann jetzt. Tschüß, mein Schätzchen", das waren die letzen Worte, die ich je von ihr gehört habe.

So schlafe denn sanft, Omilein. Von ganzem Herzen danke ich Dir für all das Schöne, was Du mit mir unternommen hast, was Du mir gegeben hast, was Du versucht hast, mir beizubringen. All das nehme ich in meinem Herzen mit. Waidmannsdank!

Mittwoch, 9. Januar 2013

Da bist Du, 2013!

Und hast meine Zeit in New York für immer beendet, soweit man "für immer" überhaupt in seinem Sprachschatz gebrauchen sollte. Happy New Year in die Runde. Weihnachten, Mexikourlaub mit krankem Kind, Neujahr, 2 Resttage in NY, Rückflug - die letzten Wochen sind wirklich an mir vorbei gerast, und bevor ich auch nur "piep" stammeln konnte, war ich wieder hier, in good old Germany.

Und die lieben Kinderlein beglücken mich seitdem mit einem anhaltenden Jetlag, also ausgeprägten Wachphasen nachts und großer Müdigkeit tagsüber. Tsja. Wie immer: kann nur besser werden. Ich habe allerdings die New Year´s Resolution, in 2013 keine längere Flugreise mit den Kids mehr zu unternehmen, und schon grad überhaupt nicht, wenn und soweit Zeitverschiebung dabei eine Rolle spielt! Der Rückflug mit 2 Kindern war "eigentlich" unproblematisch, sprich: keiner hat das Flugzeug zusammen krakeelt, keiner ist am Flughafen abhanden gekommen, auch sonst ist nichts Schlimmes passiert, aaaaber: ich habe keine, wirklich KEINE einzige Sekunde auf dieser Reise entspannt. Es ging los, als Papa uns am Sicherheitscheck verlassen musste, das Geheul war riesig und die kleine Miss nur mit der Aushändigung ihres Täschchens mit kleinen Plastiktierchen zu beruhigen... das sie dann natürlich beim Security Check partout nicht in die Boxen legen wollte, stattdessen so daran gerissen hat, dass die Tierchen überall in der Gegend herumflogen. Konstantes Geschrei. Der Buggy ließ sich mit hektischem Ruckeln nur sehr ungerne zusammenlegen, und die Schlange hinter mir wurde länger und länger....und ich irgendwie immer hektischer. In der Lounge haben die Blagen erst einmal sämtliche vorhandenen Vorräte geplündert und R. hat ihren obligatorischen Wasserglasumsturz (einmal pro Essen ist Pflicht) geübt. Alle raus aus der Lounge und im Wartebereich Laufenlassen, immer eine Rampe runter und wieder rauf. Das war supi, darüber aber fast das Einsteigen verpennt. Im Flugzeug das Übliche: es ist eng, ich hab Hunger, wann sind wir da, ich muss mal. Versuche mal einer, mit zwei Kindern gleichzeitig, eine Flugzeugtoilette aufzusuchen. Hahaaaa. Da gibt es wahrscheinlich Menschen, die sehr viel lockerer sind als ich (mein Mann zB, der grundsätzlich im Flieger erstmal ein kleines Nickerchen hält, egal, was um ihn rum passiert), aber für mich ist so ein Flug einfach stressig. Ich verrate Euch was: ich bin sowas von froh, dass der Mensch die Glotze erfunden hat. Und die kleine Miss sich inzwischen auch schon ein Weilchen darauf konzentrieren kann. Als die Kids gerade eingeschlafen waren, ging schon wieder das Deckenlicht an, noch anderthalb Stunden bis zur Landung. Da waren sie dann natürlich kaum wach zu bekommen und alles andere als freundlich gestimmt. Aber Gepäck eingesammelt, Taxi gefunden, zu Hause angekommen und dann von Mama und Papa erwartet werden, die das Haus vorgeheizt und den Kühlschrank gefüllt haben: himmlisch. Es geht doch nichts über Eltern :-))!