Sonntag, 23. Dezember 2012

Kulturelle Weihnachtsverwirrung

In NY wünscht man sich nicht etwa "Merry Christmas", sondern politisch korrekt "Happy Holiday". So eigenartig das für unsere Ohren klingt, ist es aber doch folgerichtig, da dies hier je nun einmal einer der kulturellen Schmelztiegel schlechthin ist, und auch, wenn die Mehrheit der New Yorker durchaus christlichen Glaubens ist, sind auch quasi alle anderen Glaubensrichtungen (und natürlich auch Atheisten) vertreten. So hat denn auch mein NY-preschooler mich letztens aufgeklärt, dass der sieben- bzw. achtarmige Leuchter, ein Symbol des jüdischen Glaubens, der hier quasi in jedem Geschäft neben den Symbolen der christlichen Weihnacht aufgestellt wird, Menora heißt (und er auch gerne eine solche "hübsche Menooora" hätte).

Abgesehen von verschiedenen religiösen Bräuchen, die erklärt werden wollen (und erst einmal recherchiert werden müssen) kommt man mit einem 5-jährigen auch sonst in der Weihnachtszeit manchmal in Erklärungsnotstand.

Wer ist eigentlich Nikolaus und warum sieht er genau so aus wie der Weihnachtsmann, kommt aber Anfang Dezember schon mal "zur Probe"? (Das hab ich schon als Kind nicht kapiert). Wieso heißt der amerikanische Weihnachtsmann "Santa", hat eine Frau, unzählige Elfenhelfer und acht namentlich bekannte Rentiere? Wieso lebt er quasi als Patriarch eines kleinen Nordpolstaates, während der in Deutschland amtierende Weihnachtsmann oft als Einzelgänger, der alleine an unbekanntem Ort wohnt, beschrieben wird? Warum arbeitet der amerikanische Weihnachtsmann so langsam, dass die Kinder erst  am 25. morgens die Geschenke bekommen? Oder gibt es tatsächlich nur einen Weihnachtsmann, der einfach mit der Zeitverschiebung auf dem Erdball zu tun hat?

Zu guter Letzt die von Amerika völlig unabhängige Frage: We bringt denn nun die Geschenke- der Weihnachtsmann oder das Christkind? Ich war vor Kurzem bass erstaunt, als mir  (in Deutschland) suggeriert wurde, es sei ja wohl "näher an der religiösen Wahrheit", dass das Christkind die Geschenke bringe, und der Weihnachtsmann nur eine Erfindung der Spielzeugindustrie, die mit Weihnachten nichts zu tun habe. Knüs mi???

Was hat ein goldgelocktes Engelchen im weißen Gewand, das auf die Erde herabschwebt und Geschenke verteilt, bitte mit der "religiösen Wirklichkeit" (komischer Ausdruck, auch) zu tun? Wenn man eine religiöse Erklärung bieten wollte, müsste man doch wohl sagen, wir feiern den Geburtstag vom Christkind (denn das Christkind ist doch eigentlich das Jesuskind, oder- so ganz verstanden habe ich das nie). Und dann könnte man meinetwegen noch sagen, dass die Menschenkinder stellvertretend für das Jesuskind Geschenke bekommen.

Aber  - den magischen Weihnachtszauber will man den Kids ja nicht nehmen. Und deshalb taugt aus meiner Sicht die eine Geschichte ebenso gut wie die andere, um eine geheimnisvolle Weihnachtsstimmung zu erzeugen. Ich kann auch vermelden, dass im Pastorenhaushalt meiner Schwester, als die Kinder klein waren, stets der Weihnachtsmann die Geschenke gebracht hat; ich betrachte diesen Umstand quasi als "religiösen TÜV".

In meiner Weihnachtswelt ist das Christkind ein Synonym für das Jesuskind, um dessen Willen Weihnachten überhaupt gefeiert wird. Der Weihnachtsmann ist zuständig für die Geschenke und wird dabei von allerhand Helfern unterstützt, Engel, Elfen, Rentiere- die dürfen gerne alle mitmachen. Ansonsten passen wir uns den lokalen Gegebenheiten an, was auch in diesem Jahr wieder heißt, dass das Weihnachtsfest "entzerrt" wird: an Heiligabend gehen wir in die Kirche, anschließend wird (mit Freunden) groß gegessen. Am 25. morgens werden im Pyjama die Geschenke ausgepackt, die der Weihnachtsmann hoffentlich nachts unter den Baum gelegt haben wird. Und am 26. fahren wir nach Mexikoole´. (Letzteres ist keine Anpassung an lokale Gegebenheiten, aber eine Wiederholung des letztjährigen Weihnachtsprogramms. Ich hätte aber natürlich nichts dagegen, es zu einer festen Weihnachtstradition zu machen).

Montag, 17. Dezember 2012

To them

Gestern Abend lag ich im Bett, links und rechts in meiner Armbeuge je ein müdes, kuscheliges Kind. Ich hatte ihnen vorgelesen und dann das Licht gelöscht. Ich lauschte, wie ihr Atem tief wurde, merkte, wie die Körperspannung nachließ, atmete ihren unverkennbaren Kinderduft, und musste an die zwanzig Familien denken, die 130 Kilometer von hier das Unfassbare durchmachen müssen. Die Armbeuge leer, die Weihnachtsgeschenke für das Kind, das nie mehr heimkommt, schon im Schrank versteckt. Ich hoffe und bete, sie werden es irgendwie überstehen. Ein Kind verlieren - das Schrecklichste, was man sich vorstellen kann. In seiner letzten, bittersten Stunde nicht bei ihm gewesen zu sein - unerträglich. Ich bete zu Gott, dass alle zwanzig Eltern das letzte Zusammensein mit ihrem Kind gut in Erinnerung haben. Dass der Alltagsmorgen nicht zu hektisch war, dass es keine Hetzerei und Schreierei gab, und sie sich alle mit einem Kuss verabschiedet haben. Ich nehme mir zum X-ten mal vor, nie im Streit oder völlig gehetzt mit meinen Lieben auseinander zu gehen. Es kann alles so schnell vorbei sein. Gegen den Wahnsinn der Welt sind wir letztlich doch machtlos.

Ein Ausdruck, der das, was ich empfinde, in der deutschen Sprache so gut ausdrückt wie dieser Englische, weiß ich einfach nicht: My heart goes out to them.

Freitag, 14. Dezember 2012

Keine Weihnachten ohne George Bailey

George Bailey ist der Held eines Filmes, des Weihnachtsfilms schlechthin. Gut, auch Mr. Scrooge  ("A Christmas Carol") und der kleine Lord ("Little Lord Fauntleroy") gehören für mich zu Weihnachten dazu, gerne aber auch in Buchform. Aber George Bailey, den liebe ich besonders, und den gibt es nur auf dem Bildschirm. Der Film, von dem ich spreche, heißt im Original "It´s A Wonderful Life" (auf deutsch: "Ist das Leben nicht schön?"), eine amerikanische Produktion von 1946. Meine Schwester und ich sind im jugendlichen Alter irgendwann Heilig Abend, als unsere Eltern schon im Bett waren, im Nachtprogramm darauf gestoßen. Zwei Stunden später hatten wir die Keksdose leer gegessen und waren umringt von Dutzenden vollgeschneuzter Taschentücher - und eine neue Weihnachtstradition war geboren. Das deutsche Fernsehen zeigte diesen Film damals, in den 80ern/90ern, immer im Nachtprogramm, und von da an saßen meine Schwester und ich alljährlich mit Keksen und ausreichend Taschentüchern nachts auf der Couch und warteten auf den Auftritt von Engel Clarence, dem fiesen Mr. Potter und dem Gutmenschen George, auch, als wir schon längst nicht mehr bei unseren Eltern wohnten.

Ich weiß noch genau, in dem Jahr, als meine Schwester ihr erstes Kind bekommen hatte, kam ich nach der ganzen Feierei in ihr zu Hause, die Kissen auf der Couch waren aufgeschüttelt, die Kleenex lagen bereit, wir machten es uns gemütlich - und nach 15 Minuten, noch bevor der Rückblick auf Gerorge´s Kindheit zu Ende war, war Schwesterchen tief und fest eingeschlafen. Ich war entrüstet. "Aber das geht doch nicht", habe ich glaube ich völlig fassungslos immer wieder gesagt. Verstanden habe ich es erst, als ich selber Kinder hatte :-)). Nun kann man ja inzwischen Gott sei Dank DVDs erwerben und ist von den Zeiten des Fernsehprogramms unabhängig, aber eigentlich gehört es so, dass alle anderen schlafen, und Schwester und ich zusammen auf der Couch sitzen und schauen. Ich habe es anders versucht. Ich habe versucht, den Film mit meinem Mann zu gucken. Aber dem sagt er einfach nichts- unglaublich, aber wahr. Er versteht einfach nicht, dass ich schon feuchte Augen bekomme, bevor es los geht. (Eigentlich, um ehrlich zu sein, wird das wahrscheinlich für immer ausschließlich meine Schwester verstehen). Er gähnt nach ca. 8 Minuten, guckt auf den Blackberry oder holt seinen Computer raus. Nein, nein - so geht das nicht! Diesen Film muss man einfach lieben, sonst macht man mir den ganzen Spaß kaputt! Da muss ich ihn wohl oder übel alleine schauen, und das werde ich auch dieses Jahr wieder tun (und Schwesterchen gedanklich mit einem Taschentuch zuwinken).

Was diesen Film so einmalig macht - ich weiß es nicht. Es ist eine klassische Nachkriegsproduktion in schwarz-weiß (inzwischen wohl auch nachcoloriert zu bekommen), die durchaus ihre Längen hat. Und viel amerikanischen Patriotismus. Es ist eine klassische Geschichte über den Kampf von Gut gegen Böse, die aber bei aller Rührseligkeit immer einen gewissen ironischen Witz beibehält. Die Darsteller, allen voran James Stewart, sind einfach großartig. Ich kann es nicht besser beschreiben, als dass dieser Film den Geist von Weihnachten für mich perfekt zusammenfasst. All die Kämpfe, die wir so mit uns und anderen ausfechten, all die Sorgen um Geld und Prestige - darum geht es letztlich nicht. Es geht in unseren Leben darum, sich selbst im Spiegel ansehen zu können, und um die Beziehungen, die wir zu anderen Menschen pflegen, ob man nun an eine höhere Macht glauben mag, oder nicht.

Zusammengefasst in zwei für mich unumstößlichen Wahrheiten:

1.) Ein Mensch, der Freunde hat, ist niemals arm.
2.) Immer, wenn irgendwo ein Glöckchen klingelt, bekommt ein Engel seine Flügel.

Wer George Bailey noch nicht kennt, sollte ihn kennen lernen:

Das Happy End! Watch this!

Donnerstag, 13. Dezember 2012

It´s beginning to look a lot like Christmas...

...und das nicht erst seit gestern. Phänomenal, kaum sind hier die letzten Thanksgiving-Turkey-Leftover-Sandwiches verputzt, schießen Weihnachtsbaumverkäufsstände wie Pilze aus der Erde, und man muss sich beeilen, wenn man Mitte Dezember noch einen Baum ergattern möchte. Ungefähr genau einen Tag nach Thanksgiving wird die Herbstdeko in den Keller gepackt und schneller, als man Ho Ho Ho sagen kann, wuselt der New Yorker in den Keller, um die Lichterketten und überlebensgroßen aufblasbaren Schneemänner aus dem Keller zu holen. Die grün-rote M&M Sonderedition verkauft sich ebenso gut wie fiese, aromatisierte Weihnachtskaffeesorten bei Starbucks (Gingerbread Coffee???) und die allgegenwärtigen gebogenen Zuckerstangen, die man hier traditionell als Weihnachtsschmuck verwendet.

In Manhattan ist sowieso der Teufel los. Die Stadt platzt aus allen Nähten. Die traditionellen Weihnachtsessen, die dieses Jahr in absolut legendären Locations statt gefunden haben (Studio 54 und Plaza) haben wir schon wieder hinter uns und morgen ist Abschiedsweihnachtsparty im Kindergarten. Ich bin ein bisschen melancholisch, weil mir die Zeit hier durch die Finger rieselt und ich genau weiß, der nächste Abschied wird mir schwerer fallen als der letzte, denn dann gibt es den beruhigenden Gedanken "Och, in ein paar Monaten sind wir ja nochmal länger hier" nicht mehr. In diesem Haus werde ich nie mehr wohnen. Ich werde sicher nach NY zurück kommen, aber mutmaßlich nicht mehr als Einwohner dieser Stadt. Diesen Kindergarten werden die Kinder nicht mehr besuchen. Diese Straßen werde ich nicht mehr mit Kinderwagen abwandern und mich über die Schlaglöcher aufregen. Dieses Kapitel unseres Lebens neigt sich dem Ende zu.

Aber bei uns wird es ja zum Glück selten langweilig und neue Herausforderungen warten schon. Ich werde wieder beginnen zu arbeiten. Wir werden wahrscheinlich/vielleicht wieder einmal umziehen. Das Thema Schule wird sich für L. entscheiden. Und so versuche ich hier im Moment ab und zu innezuhalten und mir bewusst zu machen, wie verdammt gut ich es habe, wie wunderschön unsere Zeit hier war und ist, wieviel Glück auch die Kinder haben, so viel Schönes und Neues erleben zu dürfen.

Die kommende Woche werden wir also noch einmal alles geben. Alle Menschen besuchen, die wir hier so kennen und lieben. Alle Orte aufsuchen, die wir immer gerne besucht haben. Soviel mitnehmen, wie möglich ist. Auch viel Papazeit aufsaugen. Das Wochenende ist vollgepackt mit einem Besuch bei Santa, einer kindgerechten Aufführung des Nussknackers, den Lichtern in Dycker Heights und einem Kinder-Weihnachtskonzert. Und ich freu mich schon.








Mittwoch, 12. Dezember 2012

Und noch ein Museum

Das Museum of Natural History ist der ganze Stolz der New Yorker, und es ist auch wirklich für naturkundlich interessierte Menschen ein ganz tolles Museum, in dem man auf Grund seiner Größe locker einen ganzen Tag verbringen kann. Allerdings wirkt es in Teilen auch irgendwie altmodisch/verstaubt, andere Teile hingegen sind topmodern und hochinteressant. Es empfiehlt sich, sich vorab gut zu überlegen, was genau man sehen möchte, für einige der Sonderausstellungen muss man extra bezahlen, und ein billiger Spaß ist das Ganze (natürlich) sowieso nicht. Für Kinder dürfte es (mit Ausnahme der Dino-Exponate) erst ab 5-6 Jahren so richtig interessant werden. Unser kleines Mädchen hat den Besuch denn auch locker im Kinderwagen verschlafen (in den es inzwischen kaum noch hineinpasst).






Mein absolutes Highlight war der komplett mit Origamifiguren bestückte Weihnachtsbaum. Der ist aber  natürlich nicht ganzjährig zu bestaunen. Origami ist für mich Bastelidiot, der mit Mühe und Not einen Papierdrachen falten kann, ohnehin absolut erstaunlich. Und dies hier ist natürlich die geballte hohe Schule der Origamikunst. Ziemlich toll.


Viele Museen Manhattans gruppieren sich malerisch um den Central Park; dieses liegt auf der von mir schon viel gepriesenen West Side. Man kann also anschließend, je nach Wetter, ein nettes Picknick im Central Park veranstalten oder ein bisschen über Columbus- und Amsterdam Avenues, die Einkaufsstraßen der Upper West Side, flanieren. Cafes und Restaurants gibt es ohne Ende. Hundeliebhaber sollten mal im Fred´s einkehren. Es gibt dort sehr ordentliche Burger und unendlich viele Hunde, total netter Laden, insbesondere mit Kids.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Fröhlichen Nikolaus!




Der Nikolaus hatte sich so prächtig verkleidet, dass selbst seine eigene Tochter ihn nicht erkannt hat. Und ich habe endlich das neue Baby kennen gelernt, das ich letztes Jahr in seiner "Höhle" hab wachsen sehen und das kurz nach unserer Abreise geschlüpft ist.

Dienstag, 4. Dezember 2012

Und noch eins: Children´s Museum of Manhattan






Am Wochenende waren wir, da wir ohnehin in die Upper West Side wollten, im Children´s Museum Of Manhattan, 83. Straße West. Das ist mal echt ein tolles Museum für Kinder. Auf vier Etagen ist für alle Altersklassen etwas dabei, zum Angucken, Anfassen, Ausprobieren. Vom Feuerwehrwagen bis zum Physiklabor en miniature. Alles neu und gut in Schuss. Und das Beste: schräg gegenüber liegt das...


(...Äh, wieso hier jetzt nur der halbe Text veröffentlicht wurde, weiß ich nicht. Aber das Internet macht momentan ständig Zicken und ist speziell langsam...)

...Cafe´ Lalo, in dem schon Meg Ryan in "Email für Dich" auf Tom Hanks gewartet hat, und das neben einem typischen Upper-West-Side Ambiente auch ziemlich gute Salate und Muffins im Angebot hat. Sowohl Museum als auch Lalo sind in der Tendenz übervoll, also nicht unbedingt zu Stoßzeiten hingehen, und wenn es sich einrichten lässt, nicht am Wochenende.