Ich fühle mich fast wie eine Hochschwangere, die immer wieder gefragt wird, ob ihr Baby schon da ist. Gerührt, aber auch leicht- genervt. Was soll ich sagen. Sicher, ich freue mich. Ich freue mich auf unser Haus, auf unser Lieblingskaff und die nebenan liegende Landeshauptstadt, auf die Kö, auf den Kindergarten. Ich freu mich auf den sagenhaften Luxus, dass beide Kinder Kindergartenkinder sein werden, ich aber noch nicht direkt wieder arbeite, so dass ausnahmsweise mal viel Zeit für mich bleibt. Für Sport, für Projekte in Haus und Garten und vielleicht tatsächlich auch mal für´s Nichtstun. Ich freu mich auch auf meinen Job. Ich freu mich sogar auf unsere Kaffeemaschine. Auf´s Autofahren. Vor allem, vor allem anderen, freue ich mich auf Menschen: meine Familie nahe zu haben, meine Patenkinder, meine Schörlchen, die Pekipperinnen und meine Kindergartenmamas. Eine meiner ältesten Freundinnen, die vor zwei Tagen ihr zweites Kind geboren hat, in München besuchen und das neue Menschlein bestaunen zu können. All dieses.
Aber: ich bin auch traurig.
Zunächst einmal, weil ein Lebensabschnitt zu Ende geht. Eine tolle Zeit, Zeit, die mir zusätzlich geschenkt wurde, denn eigentlich wollte ich ja schon längst schon wieder arbeiten, als der "Ruf" nach NY kam. Zeit mit meinem kleinen Mädchen zu zweit, Zeit in der aufregendsten Stadt der Welt. "Besondere" Zeit. Das "normale" Leben als Working Mum klopft schon leise an meine Tür und so schön und richtig ich das finde, diese Zeit, die mir hier geschenkt wurde, wird immer etwas ganz Wertvolles sein. Ich bin dem HG sehr dankbar, dass er mir dies ermöglicht hat. Ich habe hier auch so Einiges über mich gelernt. NY ist so ziemlich die schnelllebigste Stadt, die ich kenne, aber mein Leben hat sich hier gewissermaßen entschleunigt. Als L. geboren wurde, kamen wir eben aus Amerika wieder, und ich kannte kaum andere Mamas in D. Zudem wurde unsere Wohnung nicht fertig und wir lebten in einer Interimswohnung, in der ich mich einfach nicht wohl fühlte. Der HG war im Dauerarbeitsstress. All dies führte dazu, dass ich mit L. einen Babykurs nach dem anderen besucht habe und ständig verabredet war- eigentlich NIE mit ihm alleine zu Hause. Als R. kam, war die Unruhe natürlich durch L´s ausufernden "Stundenplan" schon vorprogrammiert und es wäre mir nicht im Traum eingefallen, eine Turnstunde für L. ausfallen zu lassen, weil R. raunzig war. Ein bisschen mehr Zeit zu zweit habe ich uns gegönnt, da ich inzwischen ja in einem sehr schönen zu Hause lebte, fiel mir das leichter. Aber mir ist immer noch schnell die Decke auf den Kopf gefallen und ich hätte ein schlechtes Gewissen gehabt, R. nicht das gleiche Programm zu bieten, wie L. als Baby. Nicht umsonst habe ich auch hier in NY als erstes Musikschule und Kinderturnen sowie Schwimmkurse herausgesucht, nachdem der Kindergarten fest war. Nach einer "Runde" habe ich das Ganze dann aber aufgegeben, was vielleicht nicht unwesentlich an den Preisen lag, aber auch daran, dass ich gemerkt habe, wie schön es auch einfach mal ist, einen Nachmittag zu dritt zu Hause zu verbringen, ohne Programm. Ich wundere mich immer, wenn Menschen mich für entspannt halten- ich glaube, ich habe viel innere Unruhe. Aber es wird besser. Manchmal ist es gut, sein Leben quasi von außen, aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wenn man die Perspektive im wirklichen Wortsinn wechseln kann, ist das vielleicht sogar besonders gut. Ich bin dankbar. Auch für die Kinder. Für R., weil sie viel von ihrer Mama hatte. Ich tendiere ja immer dazu, das kleine Mädchen ein bisschen zu überfordern, während ich meinem kleinen Jungen eher zu wenig zutraue. Und so war ich auch ganz sicher, dass R. bei einer Tagesmutter prima zurecht gekommen wäre. Den Luxus, dass Mama quasi zweieinhalb Jahre Zeit für sie hatte, gönne ich ihr im Nachhinein aber von Herzen und ich glaube, die Zeit hat ihr gut getan. Sie ist nun wahrlich "kindergartenreif." L. wiederum hat hier ebenfalls viel gelernt. Sein Englischrepertoir beschränkt sich zwar auf ca. 10 Worte, aber das finde ich persönlich nicht so wichtig. Er hat ein Gefühl für verschiedene Kulturen bekommen und weiß, dass es nicht nur weiße, sondern auch schwarze, gelbe und rote Menschen gibt, und dass sich z.B. Menschen aus religiösen Gründen anders anziehen als andere. Er weiß, dass man auch ohne Auto leben kann und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, eines zu besitzen. Und er hat das Selbstbewusstsein, sich in einer neuen Gruppe gut eingefunden zu haben.
Vieles werde ich hier vermissen, allen voran die Menschen, die mir nahe gekommen sind, die Großen und die dazugehörigen Kleinen. Am allermeisten aber werde ich natürlich meinen Mann vermissen. Und es ist mir bewusst, dass der Weg, den wir als Familie gehen, im kommenden Jahr schwieriger wird, als wir uns das im Moment vorstellen können. Sicher, der HG arbeitet schon immer viel - und ist ständig viel unterwegs. Dennoch werden längere "Durststrecken" als üblich auf uns zukommen, und NY ist nicht mal eben eine Flugstunde entfernt. Auch im "Notfall" dauert es Minimum einen Tag, bis man dem anderen zur Hilfe eilen kann. Das ist alles nicht ideal. Aber es ist ein Kompromiss, der Beste, den wir finden konnten, und somit werden wir auch das Beste daraus machen. Die Zeit bis Neujahr ist ohnehin ziemlich durchgeplant mit sehr vielen Besuchen. Ab dem kommenden Jahr, wenn ich wieder arbeite, wird es wohl schwieriger, aber dann sind auch nur noch ein "paar Monate" zu überbrücken. Wir werden das stemmen. Ausnahmsweise mache ich mir momentan übrigens weniger Sorgen, wie sich die Abwesenheit des Papas auf die Kids auswirken wird, als, was es mit uns als Paar macht. Aber alles Sorgenmachen hilft sowieso nicht, wir schauen, wohin der Weg uns führt, und es wird schon gut werden! Meinen Ruf als energische "Das-Glas-Ist-Halbvoll"-Optimistin gilt es schließlich zu verteidigen.
Ich weiß noch wieviele Sorgen Du Dir vor NY gemacht hast und anfangs gar nicht wolltest. Und nun ist die Zeit schon wieder rum. Es ist unglaublich. Ich finde es toll das ihr das gemacht habt. Ich denke jeder von Euch wird für immer ein Stück NY mit sich durch´s Leben tragen. Selbst die kleine R. Und ich finde es bewundernswert das Ihr Euch als Paar für diesen Kompromiss entschieden habt. Es wird sicher nicht immer leicht so allein und ohne V. Aber ich bin mir sicher das ihr Zwei das ohne Komplikationen schafft.
AntwortenLöschenWow ist deine Zeit schon fast um? Ich glaubs grad selber nicht :/ wie schnell alles geht. Ich liebe deinen BLog und lese immer still und heimlich mit. Hätte ich mehr Zeit - hättest du ständig Kommentare von mir ;) Und du kommst zurück nach Deutschland und mir fällt grad erst auf, dass wir sowas wie Nachbarn sind, ich komm nämlich aus Köln ;)
AntwortenLöschenGenieß die restliche Zeit...
R.