Freitag, 20. Juli 2012

Ich im Juli 2012



Der geneigte Leser wird gemerkt haben, dass Sightseeing Berichte in den letzten drei Monaten ausgeblieben sind. Das hat seinen Grund.

Eigentlich muss ich anders anfangen. Ich wundere mich immer, wenn Mütter behaupten, die Geburt ihres Kindes/ihrer Kinder habe sie gaaar nicht verändert. Unfassbar. Nichts auf der Welt, keine andere Liebe, keine Beziehung, kein Job, kein Garnichts, hat eine so tiefgreifende Veränderung bei mir herbeigeführt, wie Kinder zu bekommen. Abgesehen davon, dass man eine so allumfassende Liebe empfindet, wie man es niemals zuvor für möglich gehalten hätte, ist man auf einmal verantwortlich für Wohl und Wehe eines völlig abhängigen, unschuldigen kleinen Wesens, das riecht wie der Himmel auf Erden. Man ist nicht mehr ausschließlich ganz bei sich - und man ahnt, dass man nie mehr ganz sorgenfrei, ganz unbeschwert sein wird, bis zum letzten Atemzug. Man verzeiht diesem Wesen Unverzeihliches, wie zum Beispiel, dass es es einen zwingt, den Nachtschlaf dauernd zu unterbrechen und nach der unterbrochenen Nacht Sonntag morgens um fünf mit einer Rassel neben dem Kind zu sitzen und es zu bespaßen. Denn es hält in seiner Minifaust eben nicht nur die Rassel, sondern auch das ganze Mamaherz. Man wird spätestens jetzt: erwachsen.

Soweit ist das glaube ich eine universelle Erfahrung, so dass ich "man" geschrieben habe, auch wenn ich gelernt habe, dass -wie immer im Leben- auch beim Muttersein gilt: die Menschen sind verschieden, die Erfahrungen sind verschieden, die Wege sind verschieden. Ich wundere mich nicht nur über, sondern bewundere auch irgendwie die Menschen, die sagen, ihr Leben habe sich gar nicht verändert, post Kids.

Was mich persönlich betrifft, habe ich mich glaube ich in vielerlei  Hinsicht durch die Kinder verändert. Ich bin nicht mehr so risikofreudig, nicht mehr so spontan, vielleicht "nervöser." Die Kinder haben in meinem Leben allererste Priorität. Insbesondere, solange sie klein sind, geht damit einher, dass anderes, was mir vor den Kindern wichtig war, zurückgestellt werden muss.

Ich arbeite nur noch halbtags (derzeit noch in Mutterschutz), ich gehe nicht mehr viel aus, mein Mann und ich haben weniger Zeit zu zweit - und vor allem habe ich weniger Zeit exklusiv für mich. Weil ich es eben wichtiger finde, Zeit gemeinsam als Familie zu verbringen, wenn die Zeit da ist.

Insbesondere in/nach der zweiten Schwangerschaft habe ich mich auch äußerlich verändert. In der Schwangerschaft nimmt man üblicherweise zu, und wenn man nicht gerade eines dieser Wunderwerke der Natur ist, die durch das Stillen von alleine abnehmen, bräuchte man eigentlich Zeit, um sich wieder in Form zu bringen.  Und das ist etwas, was man mit zwei kleinen Kindern einfach nicht hat. Ok, auch hier: Chapeau für die, die abends noch das Jane-Fonda-Gedächtnisvideo einlegen und die Beine schwingen. Diese Selbstdisziplin hatte ich einfach noch nie! Mir ist bekannt, dass es Fittibuden mit Kinderbetreuung gibt, aber was bei Söhnchen tadellos funktioniert hat, wurde von meiner Tochter leider torpediert, indem sie regelmäßig den ganzen Laden zusammen gebrüllt hat. Ich war also eine Weile runder als gewöhnlich, und fand es wahnsinnig schwer, mich zB gut anzuziehen. Man tendiert ja dazu, sich "verstecken" zu wollen, was darin endet, dass man sackartige Klamotten trägt, die natürlich kein bisschen attraktiv sind und das eigene Selbstbewusstsein nicht gerade pushen. Ehrlich, es ist so verdammt viel einfacher, sich schick zu kleiden, wenn man schlank ist!!!  Ich habe dann zwar im letzten Jahr durch eine radikale Ernährungsumstellung alle Schwangerschaftspfunde verloren, mich dann aber, kaum dass ich in Amerika angekommen war, ein bisschen auf dem Erfolg ausgeruht und bin in alte dumme Ernährungsmuster zurückgefallen (zu viele Kohlehydrate, zu wenig Eiweiß, zu viele Snacks, zu wenig Wasser). Mein Körper, der seit Jahr und Tag immer etwas mehr einlagern möchte, als ich ihm zugestehe (ein ewiger Kampf, seit ich ca. 16 bin) hat sich bedankt und fröhlich die alten Pölsterchen zurückgebaut. Und ich, unzufrieden mit mir selbst, habe begonnen, mich insgesamt weniger um mich zu kümmern. Eine lange Bluse übergeworfen und gut, denn ich bin ja nachmittags eh nur auf dem Spielplatz, also - was soll´s? Lippenstift- finde ich nur gleich im Kindergesicht wieder, nach dem dritten Küsschen, also überflüssig. Schmuck- reißt die Kleine mir ohnehin nur vom Ohr... den Rest Waffel der Kinder - och, habe eh gerade zu viel auf den Rippen, immer her damit - und so weiter und so fort.

Ich war immer eine Person, die sich sehr um ihr Äußeres gekümmert hat. Ich kann aber absolut nachvollziehen, warum viele Mütter sich zumindest eine Zeitlang ein bisschen "gehen lassen", was ja regelmäßig fürchterlich beschimpft und von aller Welt entrüstet von sich gewiesen wird. Im Alltag mit kleinen Kindern sind die hochhackigen Schuhe und die Clutch einfach unpraktisch. Der Pferdeschwanz hingegen ist praktisch! Und kein Mensch, wirklich keiner, zieht sich abends, wenn die Brut im Bett ist, nochmal um und setzt sich schick gemacht auf die Couch, um den Ehegatten in Staat zum gemeinsamen Abendessen zu empfangen. Natürlich gibt es Babysitter und Gelegenheiten, sich schick zu machen. Aber die sind in einem Leben mit Kindern eben seltener.

Aber natürlich macht es nicht glücklich, das "sich gehen lassen."

Lange Rede, kurzer Sinn: ich war es leid, unzufrieden mit mir zu sein, und habe seit April die zwei kinderfreien Vormittage dazu genutzt, Sport zu machen, zu Shoppen (für MICH, nicht für die Kinder), ein Schaumbad zu nehmen, zur Pediküre zu gehen etc. Mir ist schmerzlich bewusst, dass meine Zeit in NY sich dem Ende nähert, aber ich habe hier schon sooo viel gesehen. Es war jetzt einfach mal Zeit, sich um mich zu kümmern. Drum gab es nicht mehr viel, was ich über NY-Ausflüge berichten konnte.

Aktuell fühle ich mich wieder sehr wohl mit mir. Ein paar Pfunde dürften noch weichen, aber Hauptsache, es kommen nicht wieder Neue hinzu. Ich bin ernährungsmäßig wieder auf einem guten Weg, und merke das auch sofort an meinem Allgemeinbefinden: mehr Energie, weniger bleierne Müdigkeit. Leider führt das neugewonnene Wohlbefinden auch zu einer Art Kaufrausch... insbesondere in dieser Stadt kann man dem aber auch zu leicht verfallen. Und ich shoppe einfach ALLES gerne, derzeit. Schmuck, Kosmetik, Klamotten... und bin deshalb irgendwie auch froh, wenn ich wieder im kleinen, kaffigen H. bin, wo es nur einen DOB-Laden gibt. Hahaaaa.

Soweit zu mir, im Juli 2012.



7 Kommentare:

  1. Es ist sehr wichtig, sich auch um sich selbst zu kümmern! Find ich ausgesprochen wichtig :-)
    Schön, dass Du Dich wieder wohler fühlst, liebe Grüße
    & ein phantastisches Wochenende

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  2. Als bisher stille Mitleserin, Danke fuer den tollen Eintrag!

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    1. Danke Blanka, ich freu mich sehr, wenn mal ein stiller Leser PIEP macht... :-))

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    2. Oh entschuldige, Bianka statt Blanka. Die Augen werden auch immer älter!!!

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  3. ***kicher***, ich weiss auch wie das ist mit den Augen;-)

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  4. Herzallerliebstes Schlückschen,

    nun bist du nicht nur bildschön wie eh und je , sondern auch wieder bildschlank und betörst gewiss nicht nur 89jährige...!!
    Sich mit sich selbst wohlfühlen ist elementar!!
    Ich freue mich mit dir übers Gelingen!!!

    Knutschkuss aus Westfalen! Die Schwüstera

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