Dienstag, 30. August 2011

70, 65 und 44





Meine Eltern hatten Sonntag ihren 44. Hochzeitstag; ferner feierten sie 70. (er) und 65. (sie) Geburtstag, wobei die Geburtstage aber jeweils schon ein paar Wochen zurücklagen. Die Party war sehr nett und auch wohlbesucht, leider musste ich aber die meiste Zeit hinter R. herjagen oder R. mit Essen versorgen. L. ist ja inzwischen relativ restauranttauglich und lässt sich mit Pustefix, Lego und Knete ein Weilchen beschäftigen. R. ist aber mit ihren 16 Monaten im allerschlimmsten Alter: sie kann zwar schon einiges, aber längst nicht alles, was sie meint zu können. Sie klettert überall rauf, fasst alles an und will alles erkunden. Wenn sie ihren Willen nicht oder nicht schnell genug bekommt, brüllt oder greint sie, je nach Tagesform. Es war also meinerseits ein relativ hektisches "Guten Tag, wie geht es Ihnen.. oh Entschuldigung, ich muss da mal eben meiner Tochter hinterher..." in alle Runden. Auch einen adäquaten Festbeitrag in Form einer Rede o.ä. habe ich nicht mehr hinbekommen, zum Glück gibt es meine Schwester und ihren Mann, die eine wunderschöne, mit Musik unterlegte Fotoshow zum Leben unserer Eltern gezaubert haben, puuhhhh... Ich nutze also mal wieder meinen Blog, um meinen lieben Eltern eine kurze Laudatio, oder sowas Ähnliches, zu halten.

Mein Papa ist Ingenieur. Das sagt schon viel. Er baut für sein Leben gern und ein Ausflug in den Obi ist für ihn etwa ebenso schön wie ein Ausflug in einen tollen Schuhladen für mich. Sein Werkzeugkeller weckt den Neid jedes Mannes und seine Zwingensammlung ist wahrscheinlich in Deutschland einmalig. Keines unserer zahlreichen Domizile im Verlauf meiner Kindheit und Jugend, das er nicht mit seinen eigenen Händen verschönert hätte. 1000 Anekdoten ranken sich um seine Bauwut, die liebste meiner Mama ist die, als er bis 18 Uhr am Heilig Abend vor vielen Jahren eine Treppe im Inneren unseres Hauses abriss, dann seelenruhig den Presslufthammer zur Seite legte und fragte, so, und was gibts nun zum Abendessen? Und so baut er auch heute noch... aktuell einen "altersgerechten" Anbau an das ohnehin schon 150 qm große Haus, das er alleine mit meiner Mama bewohnt. Über die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens wird in unserer Familie - äh, sagen wir mal: diskutiert. Aber der D. tut das, was er sich vornimmt, Punktum. Er hat nun einmal einen Dickkopf. Sehr charakteristisch ist außerdem sein großer Ehrgeiz. Er scheute sich nicht, im pensionsfähigen Alter (eigentlich war er schon in Pension) noch einmal eine völlig neue Aufgabe anzugehen und mehr als nur ein paar Monate für die GTZ als Berater in Ankara zu arbeiten. Heureka, hat die E. sich gefreut! Aber der D., der bleibt stur und tut, was er tun muss.

D. hat auch noch andere Hobbies, außer dem Bauen. Er spielt Tennis, sammelt Pilze und grillt wie ein Weltmeister. Mit seiner Doppelkopfleidenschaft hat er übrigens auch mich infiziert. Skat kann ich leider immer noch nicht, und im Schach bin ich auch ne Doppelnull.

Mama ist das größte Verkaufstalent unter Gottes Sonne und liebt ihren Garten über alles. In der Konsequenz hat sie denn auch den schönsten Garten, den ich kenne- was allerdings einen Großteil ihrer Zeit beansprucht. Man hörte in letzter Zeit gar munkeln, sie habe nicht einmal mehr Zeit für Arztbesuche....gut, Themawechsel: Nein, sie liebt den Garten nicht über alles. Erst kommen Kinder und Enkel, dann der D., dann lange nichts und dann irgendwann, wenn überhaupt, sie selbst und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse. E. ist und bleibt eine Löwenmama. Außerdem ist sie der emotionalste Mensch der Welt. Das sind viele Superlative in einem Absatz, aber so ist es eben! E. interessiert sich für Reisen und Geschichte und liest ungefähr 15 Wohn- und Gartenzeitschriften im Monat.

Nun hatten die Beiden 3 gute Gründe zu feiern. Die Geburtstage möchte ich aber mal vernachlässigen, denn älter werden kann ja schließlich jeder. Aber 44 Jahre verheiratet sein, das schafft heutzutage kaum noch jemand. Na gut, das ist wieder eine Übertreibung. Aber im Ernst, das Festhalten aneinander, das Durchhalten auch, das hat meinen großen Respekt, und dazu gratuliere ich Euch herzlich, liebe Eltern.

Dass Ihr sehr verschieden seid, das fällt schnell auf. Das muss auch früher so gewesen sein. Hier der wissenschaftlich interessierte, mathematisch denkende "Kopfmensch", dort das verträumte, emotionale junge Mädchen mit einem großen Sinn für Ästhetik. Wie war das wohl, als Ihr Euch kennenlerntet? Oder war unser D. gar kein sachlicher "Kopfmensch", unsere E. noch gar nicht so gefühlsbetont? "Gegensätze ziehen sich an", heißt ja das bekannte Sprichwort, und so muss es bei Euch gewesen sein, stelle ich mir zumindest vor.

Im Laufe eines Lebens, sollte man meinen, gleicht man sich ein wenig an, wird sich ähnlicher. Bei Euch spüre ich allerdings wenig davon - und im Grunde finde ich das gut, dass jeder so ist, wie er eben ist und es -in Grenzen- auch sein darf, in dieser Ehe. Ihr könnt Euch streiten wie die Kesselflicker, aber wenn es wirklich darauf ankommt, haltet Ihr zusammen. Und das ist das, was zählt.

Auf die nächsten 44 Jahre!
In Liebe
Euer Kind


1 Kommentar:

  1. Eine wunderschöne Laudatio!
    (Und mit Jojo laufen Familienfeiern im Moment ganz ähnlich ab, aber immerhin sorgen die Lütten quasi nebenbei für ein Unterhaltungsprogramm für die Gäste ;-))
    lg, balu

    AntwortenLöschen