Freitag, 20. Dezember 2013

Ich bin wieder da - und wieder weg

Schande über mich. Quasi ab der Stunde, als ich wieder in Brot und Lohn stand, habe ich hier nicht mehr geschrieben. Tatsächlich kann ich es nur so erklären, dass mir schlicht und ergreifend die Zeit gefehlt hat. Kinder,Job, Mann weiterhin in USA, nebenbei ein klitzekleiner Hausumbau nebst Umzug...

das alles war zuviel, da mussten einige Dinge zurückstehen. Freunde, Hobbies, ja, und auch das Schreiben, obwohl es mir sehr gefehlt hat.

Für die, die sich gefragt haben, wie es mit meinem großen Jungen weitergegangen ist: er ist vom Schulbesuch zurückgestellt worden - und ich bin von dieser Entscheidung überzeugter denn je. Er macht sich prima und ist inzwischen ein fröhliches Vorschulkind, das sich auf das kommende Jahr und die Einschulung freut.

Ich habe mehrfach überlegt, hier, an diesem meinem "New York" Ort weiter zu schreiben, aber irgendwie fühlt es sich nicht richtig an. Ein neues Kapitel in unserem Leben hat begonnen und das hat (leider) momentan nichts mit New York zu tun. Alles hat seine Zeit. Und vermutlich auch seinen Ort. Wer meine Schreiberei vermisst hat, kann mich also zukünftig hier finden:

www.dieschoenstenjahre.blogspot.de

Ich schicke die allerliebsten Grüße in die Runde und unterschreibe ein letztes Mal mit

RALV (die Unterschrift passt nämlich nicht mehr, Auflösung "drüben"....)
Macht es gut!!!!


Freitag, 1. März 2013

Hahahaaaaa

Das Töchterchen ist auf einem ausgeprägten Rosatrip. Becherchen, Tellerchen, Rock und Jacke, alles soll am besten rooooosaaaaaa sein. Heute ist sie schon knatschig erwacht. Beim Anziehen meckert sie über die pastellfarbigen Accessoires in ihrem Kinderzimmer (neben rosa findet sich da vor allem auch hellblau und hellgrün, etwas grau und ein Tupfer hellgelb). "Will alles roooooosaaaaa", nörgelt sie. Ach, alles immer nur rosa ist doch langweilig, sage ich, man braucht doch auch mal ein paar andere Farben. "Jaaa" (ihre Augen strahlen auf einmal und sie grinst mich an), "PINK" !!!

Donnerstag, 28. Februar 2013

Schulgedöns Part V

Gestern war nun die Schuleingangsuntersuchung bei Frau Amtsärztin. Ich bin kampfesmutig hineingegangen, denn ich hatte schon Diverses über die Dame gehört -  Sympathieträgerin scheint sie nicht zu sein. Mit dem Kind ist sie erst einmal sehr nett umgegangen, L. machte alle kleinen Aufgaben mit, und zwar insgesamt, wie mir schien, zufriedenstellend und altersgemäß. Beim Gespräch war er wie gewohnt schüchtern, der "Sporttest" und das Abmalen von geometrischen Figuren klappten nicht besonders (die altbekannten Problemchen bei Grob- und Feinmotorik).

Im Anschluss wollte die Dame dann mit mir sprechen und die Beweggründe für den Rückstellungsantrag hören. Dabei zeigte sie sich erst einmal skeptisch. Sie wäre "irritiert", dass ich bereits so früh (im November) einen solchen Antrag gestellt hätte. Meine Nachfrage, ob es nicht im Sinne des Kindes besser wäre, das Thema früh anzugehen und nicht erst ein paar Monate vor Schulbeginn, beantwortete sie dann auch nur mit Achselzucken. Wir hätten jetzt ein Problem, meinte sie, denn "erhebliche medizinische Gründe" für eine Rückstellung, derer es eben bräuchte, sehe sie nicht. Darauf hatte ich ja nur gewartet, aber ich konnte meine Emotionen im Zaum halten und ihr sachlich die 4-5 Gründe nennen, warum es für dieses Kind besser wäre, noch ein Jahr Zeit zum Entwickeln zu bekommen. Nebenbei habe ich durchblitzen lassen, dass ich mich mit dem Gesetzestext durchaus beschäftigt habe und davon ausgehe, dass es immer einen Handlungsspielraum in der Entscheidung gibt, insbesondere deswegen, weil das Kind Ende September geboren ist und 10 Tage später geboren ohnehin ein "Kann-Kind" gewesen wäre. Auf ihre Nachfrage, was ich denn in dem einen Jahr zu tun gedenke und ob ich mal die Einschaltung eines Psychologen in Erwägung gezogen habe, war ich kurz fassungslos und habe das dann auch geäußert. Es gibt kein psychologisches Problem. Die Problemchen, die mein Sohn hat, hängen alle mit der Motorik zusammen. Sie werden sich vielleicht nicht alle einfach durch Zeitablauf auswachsen, zum Teil aber mit Sicherheit. An den Stellen, wo man arbeiten kann, tun wir das, und dafür braucht es Zeit, zB für eine Ergotherapie (die eben nicht nach ein paar Monaten Sensationserfolge bringt). Es gibt keinen Grund, Dinge überzudramatisieren, nur weil wir der Meinung sind, dass es für dieses Kind gut wäre, noch ein Jahr in Ruhe zu spielen. Aus irgend einem Grund habe ich scheinbar den richtigen Ton getroffen, sie wurde auf einmal superfreundlich und hat sich meiner Argumentation angeschlossen. Ganz eigenartig - als habe sie mich zuvor provozieren wollen.

In jedem Fall befürwortet sie den Rückstellungsantrag, womit die Entscheidung nun wieder beim Schultorektor liegt. Dieser will mich noch einmal einbestellen und nochmals mit mir unterhalten; da er aber schon beim Erstgespräch ziemlich meiner Meinung war, erwarte ich da jetzt keine Überraschung mehr. Ein bisschen erleichtert bin ich schon einmal, aber richtig freuen werde ich mich erst, wenn ich eine offizielle Entscheidung mit Unterschrift in den Händen halte. (Juristenkrankheit).

Mittwoch, 20. Februar 2013

Weil sie nicht war wie alle anderen

Es gäbe viel zu schreiben, so ist es nicht. Aber... mich hat, abgesehen davon, dass ich das Gefühl habe, seit Jahresbeginn nur mit kurzen Unterbrechungen im Kranken-Kinder-Pflegemodus zu laufen, eine eigenartige Stimmung gepackt, die mir unter anderem das Schreiben, aber auch manch anderes, schwer macht.

Ist es der Winterblues, der ungeliebte Februar, die noch nicht verarbeitete Trauer um meine Oma oder nun gar eine Midlife-Crisis? Vielleicht von allem ein bisschen.

Ich fühle mich müde, ein bisschen überfordert, irgendwie alt  - und ganz und gar nicht fröhlich. Eine für mich untypische Melancholie läuft dauernd mit mir mit.

Die Beisetzung meiner Oma lief dank sehr quirliger Kinder irgendwie ein bisschen an mir "vorbei". Immerhin ruht sie an einem hübschen, recht zentralen Platz, den ich bei Heimurlauben öfters mal aufsuchen kann. Aber reden kann ich nie mehr mit ihr, und das packt mich erst jetzt so richtig. Ich wünschte, ich hätte irgendwann einmal ein Filmchen mit meinem Iphone gemacht, als ich sie besucht habe. Ich höre ihre Stimme noch in meinem Ohr, aber werde ich sie irgendwann für immer verloren haben? Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich ausgerechnet in ihrem letzten Lebensjahr am anderen Ende der Welt weilen musste. Die Trauer, die ich empfinde, ist natürlich auf eine Weise sehr gemäßigt, denn ich weiß wohl, dass hier ein Mensch sein Leben gelebt hat und dass es Zeit für sie war, zu gehen. Mir ist bewusst, dass es gut so für sie war. Und dass es etwas ganz anderes ist, wenn Menschen krank sind, unendlich leiden müssen, viel zu früh gehen müssen. Es ist eine rein egoistisches Gefühl, sie ist weg, nicht mehr für mich da, sie nimmt ein Stück von mir und meiner Kindheit mit. Es gibt einen Menschen weniger, der mich ohne Bedingung und ohne, dass ich etwas dafür tun muss, einfach nur so, weil es mich gibt, liebt. Trotzdem habe ich das Gefühl, ist diese Trauer fast zu viel für mich. Das stimmt vielleicht nicht ganz. Es ist schwer zu beschreiben. Ich finde nicht den rechten Platz dafür in meinem Leben. Ausklammern kann ich sie nicht, richtig zulassen kann ich sie auch nicht, also überfällt sie mich immer mal wieder hinterrücks.

Und dann überkommen mich so schwierige Fragen wie - Was bleibt von einem Leben? Wo gehen wir hin? Wie schafft man es, den Augenblick Wert zu schätzen?

Ich schau mir Fotos von meiner Oma an, blutjung im Brautkleid, mit unergründlichen Augen und einem ernsten Zug um den Mund. Als -ebenfalls sehr junge- Oma, auf jedem Foto lachend. In den letzten Jahren im Altenheim, ein bisschen bitter. Und vor meinem inneren Auge sehe ich sie in ihrem letzten Jahr. Immernoch ironisch und klug, aber wieder milder geworden. Zufriedener, fast heiter. Ich hoffe, so hat sie sich auch gefühlt. Sie hatte wenig gemein mit den "typischen" Damen ihrer Generation, die oft sehr bescheiden und ein bisschen verhuscht, aber auch sehr ladylike wirken. Sie war ein Temperamentsbündel, das dafür gesorgt hat, dass man sie bemerkte, wenn sie hereinkam. Wenn ihr etwas nicht passte, dann äußerte sie es. Sie konnte schwierig sein, aber wenn man sie zu nehmen wusste, der sonnigste Mensch der Welt. (Wenn ich das so lese, erinnert die Beschreibung mich ziemlich an mein Töchterchen....und das nennt man wohl: Der Kreis schließt sich!) Wenn ich an Oma denke, kommen mir immer diese Worte in den Sinn:

"Weil Du ein Herz hast wie ein Bahnhof,
aus dem ein Zug auf Reisen geht,
und meine Stimme sagt: fahr nicht los,
wenn Du für immer von mir gehst,
weil Du nicht bist wie alle anderen,
auch wenn Du ausgehst wie das Licht
und mit Dir tausend Sterne wandern,
weil es Dich gibt,
liebe ich Dich."

(Von hier).

Ich fühle mich, als wolle dieser Winter kein Ende nehmen.


Freitag, 1. Februar 2013

Liebe Tochter,

Irgend etwas geht gerade mit Dir vor. "Alles ist nur eine Phase", betet man sich in anstrengenden Zeiten mit den Kindern ja gerne vor, und auch ich mache das derzeit.

Ein Kleinkind bist Du nicht mehr so richtig, und ein "richtiges Kind" noch nicht so ganz. Ich staune oft,  wo die letzten Reste meines Babies abgeblieben sind, wenn Du anfängst, Dinge mit mir zu diskutieren, Dich nicht mehr von einem einmal gefassten Vorhaben ablenken lässt und einfach als -zwar kleine, aber im Wesentlichen "fertige" - Persönlichkeit mit eigenen Standpunkten vor mir sitzt. Wie soll ich Dir erklären, was es in mir auslöst, diesen Wachstumsschritt zu beobachten? Neulich saßen wir mit Deinem Bruder und Deinem Papa auf dem Teppich und spielten das allererste Mal alle zusammen ein Gesellschaftsspiel. Nein, die Regeln konntest Du natürlich noch nicht ganz durchblicken, aber mit Hilfe konntest Du Spielzüge ausführen und teilnehmen. Und da sah ich vor meinem inneren Auge uns vier schon um den Esstisch sitzen und Doppelkopf spielen. Nun ja, das wird noch dauern, aber ich bekam einen Moment lang  so eine flüchtige Ahnung, wie es demnächst sein wird bei uns, in einer Familie mit "großen" Kindern. Das war einerseits ein sehr schönes Gefühl, denn ich freue mich natürlich darauf, andererseits kam auch sofort die Wehmut in mir hoch, dass bald kein Baby und kein richtiges Kleinkind mehr da sein werden. Dass das Gebrauchtwerden ein ganz anderes sein wird. Und irgendwann auch immer weniger.

Widerstreitende Gefühle und Verwirrung toben in Dir noch viel mehr als in mir. Offensichtlich. Abwechselnd willst Du Baby sein und getragen werden - oder Mama sein und Dich um Deine Puppis kümmern. Du möchtest die Windel los werden und in Deinem "Große-Mädchen-Bett" schlafen. Du möchtest Dich verabreden wie Dein Bruder mit seinen Freunden. Am liebsten möchtest Du schon in die Schule gehen, denn in Deiner Schule "lernt man swimmen", hast Du mir letztens erklärt. All diese Große-Mädchen-Pläne locken Dich, und überfordern Dich dann doch wieder. Dein aufbrausendes Temperament bricht momentan permanent und bei den kleinsten Irritationen Bahn. Ich habe leider nicht immer die Nerven, "richtig" darauf zu reagieren, mein Mädchen. Ich weiß eigentlich, dass es Not tut, sich Dir gegenüber gut aufzustellen, konsequent bei der eigenen Meinung zu bleiben, und Dir mit der gebotenen Ruhe aus Deinen Trotzanfällen herauszuhelfen. Und wenn ich das genau so mache, dann ist das für uns beide eine gute Erfahrung. Aber an Tagen, an denen jede Kleinigkeit Dich aus der Bahn wirft und Du mit hysterischen Kreischanfällen auf noch so kleine Abweichungen von Deinem eigenen Willen reagierst, komme ich regelmäßig an meine Grenzen - vor allem, wenn gerade andere Dinge anstehen, um die ich mich dringend kümmern muss-  und schimpfe irgendwann mit Dir, schreie zurück, bin unfreundlich oder grob. Es tut mir schrecklich leid, dass das so ist, aber siehst Du, Eltern sind auch nur Menschen. Ich denke, Du verstehst das, denn man kann Dir wirklich schon viel erklären, auch, dass Mama gerade Kopfweh hat und Deinen Kreischanfall einfach nicht mehr vertragen hat. "Ich vertrag das niss", hast Du letztens prompt Deine Milla geschimpft, und sie für eine kleine Auszeit auf die Treppe gesetzt, Dir theatralisch den Kopf gehalten und Dich mit einer verbiesterten Miene abgewandt. Nja, der berühmte Spiegel, den Ihr Kinder uns Erwachsenen vorhaltet, war das wohl.

Dass Dein Papa wenig da ist, beschäftigt Dich ebenfalls sehr stark. "Is, weit wech, in Nju Jork - will auch in Nju Jork sein. Da is mein Babybett. Will mein Baaaaabybettttttt...."! Du hast sehr viel zu verarbeiten derzeit, mein Mädchen, und ich versuche, Dir die Dinge so zu erklären, dass Du sie auch verstehst. Das geht aber manchmal noch schief. Als ich Dir letztens zum Beispiel erzählt habe, dass ich traurig bin, weil meine Oma gestorben ist und im Himmel ist, hast Du einen Weinanfall bekommen, weil Du alles sofort auf Deine Oma bezogen hast.

Du wirst gerade mit Siebenmeilenstiefeln groß. Kannst Du Dir nicht ein bisschen mehr Zeit lassen, mein Herz? Wenn Du morgens in mein Bett getapst kommst und so ganz verkuschelt bist, nach Deiner Milch verlangst und mir viele Küsschen auf das Gesicht donnerst, dann erinnere ich mich ganz genau, wie es war, Dich als kleines Baby im Arm gehalten zu haben. Und dann versuche ich auch, den Moment festzuhalten, der unendlich kostbar ist. Ich schnüffele jeden Morgen an Dir, um Reste des Babygeruchs zu erhaschen, der uns Mamas so um den Verstand bringt. (Die Papas übrigens auch. "Das haben die doch absichtlich gemacht, damit man die kleinen Berserker noch lieber hat", stellte der HG mal mit glänzenden Augen fest, als er an seinem Kind herumschnupperte, und, ja, so ist es wohl). Dein Bruder, der roch immer wie Milch-Vanille-Honig-Toast. Und Du, mein Mädchen, Du hast so einen unverkennbaren sagenhaften brombeerigen Duft. Noch ist er da. Und ich würde ihn so unsagbar gerne in ein Fläschchen füllen, um ihn niemals zu verlieren.

Deine Mama

Montag, 28. Januar 2013

Krankenstation

Ping-pong mäßig werden die Viren hier von einem zum anderen und wieder zurück verteilt. Da nützt alles Händewaschen und -desinfizieren nix. Und man kommt zu überhaupt nichts mehr. Gott sei Dank konnte ich mein eigenes Halskratzen von letzter Woche mit Salbei und heißer Zitrone zurückdrängen. Schwächeln ist nichts für Mamas. Heute Morgen war ich guter Dinge, die Kinder in den KiGa schicken zu können, als die Morgenmilch mit hohem Schwall wieder aus der kleinen Miss herauskam und sich malerisch auf ihrem Bett verteilte. Seufz.

Da hilft nur noch Soul Food. Eben einen großen Topf Milchreis gekocht (wie Oma: im Bett quellen lassen), mit viel Vanille und nicht zu süß. Auch, wenn die kleine Miss heute auf Milchentzug ist und der große Junge Milchreis nicht mag, ist mir wurscht. Ess ich eben alles alleine auf!

Mittwoch, 23. Januar 2013

Typisch Tochter

Monatelang kein noch so kleines Interesse an der Windelfront. Und nun sucht sie sich die kältesten Tage des Jahres aus, um - energisch wie immer - zu bestimmen: "Bin jetzt ein großes Mädchen. Ich brauche keine Windel mehr!" Ach! Ich komme dieser Aufforderung zwar gerne nach, das Einhalten und Bescheidsagen klappt aber noch gar nicht, also wirklich GAR nicht. Heute habe ich sie im 10 Min Takt auf die Toilette gesetzt, dennoch liegen jetzt 5 vollgepieselte Leggins (alle, die sie besitzt) und 3 vollgepieselte Schlafanzughosen (alle, die sie besitzt) auf der Kellertreppe und werden gleich in die Waschmaschine geschmissen. Ich bin mal sehr gespannt, was für ein Drama sie abziehen wird, wenn ich ihr für die Nacht eine Windel anziehen möchte (sorry im Voraus an alle, die das für einen pädagogischen Fehler halten, das ist mir mit Verlaub völlig schnuppe). Und wie das morgen im Kindergarten laufen soll. Ausgerechnet im kältesten Winter muss das Kind auf Windelentzug gehen. Typisch! Meine! Tochter!

Von Schrankstopfern und Vermächtnissen

Ich bin ein Schrankstopfer. Und das ist so ziemlich das einzige, was meinen Mann so richtig an mir nervt (sagt er). Noch schlimmer: ich verstehe ihn. Wirklich. Ich bin eigentlich ein recht ordentlicher Mensch. Ich mag es aufgeräumt und bloß nicht zu zugestellt. Aber meine Schränke! Die sind chronisch überfüllt, oft unordentlich und dienen manchmal nicht einmal mehr ihrer ursprünglichen Bestimmung. Da finden sich zuweilen Akten im Bastelschrank. Noch nicht verschenkte Geschenke im Kleiderschrank. Und von den Küchenschränken und -schubladen will ich gar nicht reden. Wenn ich in die Defensive gehen muss (weil der HG mich mit diesem Blick anguckt oder vernehmlich seufzt, wenn er bei der Suche nach einem Computerkabel in der Schreibtischschublade zunächst den Flyer der Pizzeria, 4 Haarspangen der Tochter, allerlei Geschenkband, Taschentücher und eine Familienpackung Pflaster wegräumen muss), behaupte ich einfach nie, nimmer, nirgends ausreichend Platz zu haben. Und mein permanentes Schrankchaos lässt mich zum Spießer mutieren, der sich auf einmal nichts sehnlicher wünscht als riesige Einbau- und hässliche Küchenoberschränke. Es stimmt: Platzmangel verschärft das Problem. Aber die Wahrheit ist, dass ich einfach kein Ordnungssystem habe oder, wenn ich es habe, es nicht konsequent einhalte. Und das kommt so. Nehmen wir mal an, ich habe zum Beispiel die Kochtöpfe in einem Winkel des Küchenschrankes hübsch sortiert hingestellt, von groß nach klein, Pfannen nach links, Deckel nach rechts und so weiter. Dann kommt spätestens 2 Tage später eine Situation, die stressig ist, zB quakt zunehmend nervig die kleine Miss im Hintergrund und verlangt sofortigen Windelwechsel, während ich die Spülmaschine ausräume. Meine Priorität ist dann eben die Windel, und der Topf, den ich in der Hand halte, fliegt ohne Einhaltung eines Systems einfach irgendwo obenauf, wo Platz ist. Eine solche Situation 2-3 mal, und das Chaos im Schrank ist wieder perfekt. Das gleiche passiert regelmäßig, wenn es hektisch ist, auch an anderen Stellen als in der Küche. Und auch, wenn es nicht hektisch ist, kann es sein, dass ich einfach nicht weiß, wohin mit Gegenstand XY, und ihn dann ohne Sinn und Verstand irgendwo hinstopfe, wo er im Moment "nicht im Weg" ist.

(Übrigens ist der HG trotz eines grundsätzlichen Ordnungssinns auch nicht ohne Fehl und Tadel. Er ist nämlich ein unverbesserlicher Handtuchknüller und Sockenherumschmeißer. Das nur am Rande).

Die letzten Tage habe ich so viel über meine Omi nachgedacht. "Lerne Ordnung, übe sie, sie erspart Dir Zeit und Müh´", das ist glaube ich der Spruch, den ich durch meine Kindheit und Jugend am öftesten von ihr gehört habe. "Hat aber auch nix genützt, oder ?", hat sie vor ein paar Monaten mit ihrem typischen verschmitzten Omalächeln gefragt. Ich habe natürlich protestiert, aber irgendwie stimmt es ja.  Eigentlich dürfte es doch nicht so schwer sein, sich einfach ein gutes System zu überlegen, wo die Sachen hinkommen, und dann dabei zu bleiben. Bei meiner Oma war es wirklich himmlisch ordentlich, alles hatte seinen Platz, das hat mir immer ausnehmend gut gefallen. Ganz so muss es bei mir nicht werden, aber ich will doch versuchen, mein Chaos ein wenig zu lichten. Für mich. Aber auch, damit Oma nicht kopfschüttelnd nach unten schielend auf ihrer Wolke sitzen muss, sondern sich frohgemut in die himmlische Backstube begeben kann.